Zu Fuß zu den Höhepunkten des Oman
Ein beeindruckender Auftakt
Der erste Besichtigungspunkt in Maskat ist die Sultan Qabus Moschee: Hier heißt es für mich als Frau, die Haare mit einem Kopftuch komplett verhüllen, die Arme müssen bedeckt sein, lange Hosen. Kein Problem. Die Architektur der Moschee ist modern und freundlich, der Swarowski-Leuchter im Inneren ist riesig! Schließlich wende ich mich mehr weltlichen Dingen zu: Fisch- und Gemüsemarkt stehen auf dem Programm, anschließend durchstreife ich den Souq. Hier gibt es wirklich alles. Dann der Amtssitz von Sultan Quabus– ein futuristisch anmutendes und buntes Gebäude.
Grün ist eine Frage der Definition
Von Maskat geht es in die Berge. Ich empfinde die Landschaft als karg, trocken und steinig. Mein Reiseleiter Jakob weist mich auf die vielen kleinen, grünen Büsche und den leicht grünen Flaum auf dem Bergrücken hin. Es hat im Dezember stark geregnet, daher sei alles „grün". Die Bilder, die ich jetzt mache, sind gar nicht typisch für den Oman. Es geht steil bergauf und bergab über holprige, steinige und staubige Pisten. Manchmal so steil, dass man über die Motorhaube des Autos nicht mehr sehen kann, wie die Straße weitergeht. Jakob hat das im Griff.
Entlang der Küste weiter nach Sur, eine Industriestadt mit Hafen. Wir besuchen eine Dhau-Werft, fahren kurz durch den Ort, mehr gibt es nicht zu sehen.
Die Nacht im "alten Haus"
Auf der Weiterfahrt verschwindet die Küstenlinien langsam im Dunst, die Landschaft erscheint unwirklich. Tiefe Täler und Schluchten haben sich ins Gestein gegraben. Die Straße macht eine Kurve und wir haben Blick auf ein Dorf – mitten im Nichts. Hier laufen Ziegen umher, die Kinder spielen und wir werden ein bisschen neugierig angeschaut. Obwohl die Landschaft vor allem aus Stein und Geröll besteht, ist sie abwechslungsreich. Die Steinformationen und Farben ändern sich immer wieder.
Plötzlich taucht eine Oase aus dem Nichts auf. Die Terassenfelder sind üppig grün – fast irreal in der steinigen Umgebung. Das Wasser für die Bewässerung kommt über lange Kanäle, die Falaj. Diese Kanäle durchziehen die Dörfer und Gärten. Das Wasser wird von den Omanis umgeleitet, aufgestaut, je nachdem, wo es benötigt wird. In diesen Oasen wachsen Datteln, Bananen und Getreide. Ich besuche das „Alte Haus" in der Oase Misfat. Die Dorfbewohner haben sich entschieden, ihre Häuser originalgetreu in Lehmbauweise zu erhalten. In einem dieser Häuser übernachten auch die Hauser-Gäste. Wie gemütlich. Es wurden moderne Toiletten und Duschen eingebaut, die Zimmer sind aber traditionell eingerichtet. Man übernachtet auf dicken Matratzen in Mehrbettzimmern. Gegessen werden kann auf dem Dach, von dem man einen Blick über das Tal hat. Mir gefällt es hier auch deshalb, weil es im Oman wenig alte Dörfer und Städte gibt, dafür viele moderne Orte. Misfat ist eine schöne Ausnahme.
Grundkurs "richtig essen"
Direkt am Berghügel gegenüber liegt das neue Dorf. Der Inhaber des „Alten Hauses" lebt dort in einem modernen Haus; er lädt zu Kaffee und Datteln ein. Selbst in den modernen Häusern gibt es im „Salon" keine Möbel. Den Raum beherrscht ein großer Teppich am Boden. An den Wänden lehnen überall große Kissen, ein paar Bilder sind aufgehängt, das war´s. Keine Regale, keine Tische, keine Stühle, kein Sofa – nichts. Hier spielt sich das Leben am Boden ab. Innerhalb des Raumes gibt es eine Rangordung: Der Älteste und Würdigste sitzt am weitesten entfernt von der Tür. Wir bekommen Kaffee in kleinen Tassen gereicht. Zwei Tässchen sollte man mindestens trinken, sonst gilt man als unhöflich. Obst wird aufgeschnitten und Datteln werden gereicht. Alles nur mit der rechten Hand nehmen, die Linke wird als unrein betrachtet. Gar nicht so einfach mit den klebrigen Datteln. Denn was mal im Mund war, sollte nicht wieder herausgenommen werden. Also zeigt mir Jakob, wie man den Dattelkern vorher herausquetscht und dann die Dattel isst. Die Einheimischen schauen mir mit einem Grinsen zu, schätzen aber meine Bemühungen, es richtig zu machen.
Ein "Wüstchen"
Wer andere Wüstenländer kennt, und schon Reisen in die Sahara unternommen hat, für den ist Wahiba Sands eine sehr kleine Wüste, die am Rand bewohnt ist. Entlang der Piste finden sich immer wieder kleine eingezäunte Zeltsiedlungen. Die Dünen sehen im Abendlicht toll aus und das Camp mit seinen kleinen Zelten gefällt mir gut. Auf dem Weg haben wir noch ein anderes Camp angeschaut: Es ist klein, mit Hütten aus Bananenblättern. Der Wind streift sanft hindurch, so sind sie angenehm temperiert. Die Toiletten und Duschen liegen ein paar Meter entfernt, super sauber und unter freiem Himmel. Zum Entspannen lädt eine Teppich-Kissenlandschaft im Schatten ein, am Abend wird ein großes Lagerfeuer entzündet. Tolle Stimmung.
Wieder in den Bergen zeigt mir Jakob den Jebel Shams. Hier oben ist es im letzten Licht des Tages richtig kalt. Ich bin froh um meinen Pulli und meine Fleece Jacke. Der Balcony Walk bietet faszinierende Tiefblicke. Wer zum Gipfel des Jebel Shams gehen möchte, der muss sich auf eine lange Tageswanderung einstellen. Selbst wenn man den Gipfel schon sieht, der Weg dorthin zieht sich und es geht immer wieder bergauf und bergab.
Vom Kreislauf der Tiere und der Selbstverständlichkeit des Waffenhandels
Im netten Städtchen Nizwa ist das Hotel zwar etwas laut, weil an einer Hauptstraße gelegen, und der Speisesaal hat die Atmosphäre einer Studentenmensa. Doch das Essen ist gut. In den Morgenstunden brechen wir zum Viehmarkt auf. Die Hirten und Bauern der näheren und ferneren Umgebung führen ihre Tiere immer im Kreis, so können sich die Käufer ein Bild von der Ware machen. Bei jeder Runde wird gehandelt. Ist man sich schließlich einig, dann fragt der Verkäufer meist noch bei seiner Frau nach, die am Rande sitzt und alles beobachtet. Ist auch sie einverstanden, so ist der Handel perfekt. Ich ziehe weiter in den Souq. Es gibt einen neuen und einen alten. Zuerst wieder der Fischmarkt, dann der Dattelmarkt, schließlich der Gemüsemarkt. Es ist überall viel los. Im alten Souq erstehe ich ein paar Gewürze und ein paar Mitbringsel. Der Weg führt weiter zum Fort von Nizwa, das zur Verteidigung genutzt wurde. Auf dem Weg zurück zum Parkplatz begegnen uns ein paar Herren, die über den Kauf einer Luftdruckpistole verhandeln. Auf meine Bitte hin, setzen sie sich bereitwillig für ein Bild in Pose.
Zeltnächte zwischen Ziegen
Wieder in den Bergen peilen wir den Jebel Akhdar an. Eine perfekt angelegte Asphaltstraße windet sich hinauf. Vom Dianas Point hat man einen spektakulären Blick in die Täler und auf die Terassenfelder der umliegenden Dörfer. Unser Zeltplatz liegt am Juniper-Plateau in einer windgeschützten Senke, in der knorrige Wacholderbäume wachsen. Auch hier kann es nachts recht kalt werden! Bei der Fahrt durch das Wadi Bani Awf ragen steile Felswände auf der einen Seite der Schotterpiste auf, auf der anderen Seite fällt der Fels genauso steil ab. Manchmal kann ich gar nicht hinschauen. An einem Wasserlauf auf den Terrassen werden unsere Reisegruppen die Zelte aufschlagen. Ein schöner Platz. Ziegen kommen vorbei und hoffen, dass etwas vom Essen für sie abfällt, das wir traditionell omanisch auf einer Sitzmatte am Boden einnehmen. Wer Probleme mit dem Sitzen am Boden hat, der kann entweder einen der umliegenden Steine zu seinem Sitzstein machen, seine Liegematte zusammenfalten und auf dieser sitzen oder er nimmt sich einen leichten 3-Bein-Camping-Klapphocker mit.
Durch die Batina-Ebene kehren wir nach Maskat zurück. Am nächsten Morgen verabschiede ich mich von Jakob - und dem Oman.